Gelbe Schuhe..........aber warum?
May. 12th, 2013 07:35 pm![[identity profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/openid.png)
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Es klingelte leise im Hinterzimmer. Doyle stöhnte auf. Schon wieder Kundschaft. Er konnte allmählich keine Füße mehr sehen. Als wenn es nicht schon schlimm genug war, dass er jetzt seit knapp einem Monat in einem Schuhladen arbeiten musste, nein, Cowley hatte ihn ausgerechnet in ‚Sammys Schuhladen’ geschickt.
Und dann auch noch der Kommentar von Bodie: “ Mit Frauenfüßen kennst Du Dich doch aus Ray." Hah, da konnte er nur noch lachen. Cowley hätte ihm auch gleich sagen können, dass die in diesem Laden verkauften Schuhe zwar wie Damenschuhe aussahen, aber immer in Herrengrößen geliefert wurden. Und dann noch dieser Sammy. Er seufzte noch mal tief und ging dann mit einem höflichen Gesichtsausdruck nach vorn um die Kundschaft zu bedienen.
Als er durch den Vorhang trat stutzte er und pfiff leise. Die sah ja mal klasse aus: jung, schlank, lange brünette Haare und ein Gesicht wie ein kleiner Engel. Und schöne Füße! Da würde er heute Abend endlich mal wieder was zu erzählen haben. Bodie würde ihn beneiden.
„Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“ Doyle ging raschen Schrittes auf sie zu.
„Guten Tag“ lächelte der Engel „ich benötige ein Paar Schuhe, möglichst hoch und auffällig in Schuhgröße 42. Ein Freund von mir hat eine Wette verloren und muss nun einen ganzen Tag in Minikleid und High Heels rumlaufen.“
„Na, da wird er sich aber freuen“ sagte Doyle während er sich umsah. „Haben Sie irgendwelche Farbwünsche?“
„Eigentlich nicht, aber je schriller desto besser.“
Während die junge Frau Platz nahm, ging Doyle ins Lager und suchte alle auffälligen High Heels die er in Größe 42 finden konnte. Es waren rote, orange, giftgrüne, schwarze mit Nieten und blaue mit Strass dabei.
Was dann kam war für ihn allerdings doch etwas befremdlich. Die junge Frau schaute sich die Schuhe an und meinte: „Könnten Sie die vielleicht einmal für mich anprobieren? Ich muss doch sehen, wie diese Schuhe an einem Männerfuß wirken.“ Dabei sah sie ihn mit einem schüchternen Augenaufschlag von unten an und lächelte zaghaft. Doyle atmete tief ein und meinte: „Ok, als Service für unsere Kunden tun wir ja schließlich alles“, zog Sneaker und Socken aus und quetschte seine Füße in die Schwarzen mit den Nieten.
„Oh, die sehen ja schon nicht schlecht aus. Könnten Sie bitte einmal die Blauen mit dem Strass anziehen? Die fände ich sehr interessant.“
Doyle hatte gerade die Blauen Schuhe mit den 12 cm hohen Absätzen angezogen, da gab es in der Seitenstraße wo die Reinigung Cleanwasher war einen lauten Knall. Er wollte schon losrennen, merkte aber schon beim ersten Schritte, dass er das in den Schuhen nicht konnte. *Verdammt, wie schaffen die Frauen das eigentlich immer?* Er riss sich die Schuhe von den Füßen, schlüpfte in seine Sneaker und rannte los. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass die junge Frau weg war. Als er bei der Reinigung ankam sah er Bodie aus der anderen Richtung kommen. Gemeinsam stürmten sie in die Trümmer der Reinigung.
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„Wie geht es Murphy?“ Fragte Bodie während er sich in den Trümmern umsah.
„Nicht gut.“, Der Arzt schaute skeptisch. „Aber glücklicherweise war er gerade im hinteren Teil des Ladens damit beschäftigt die Waschmaschinen zu beladen. Die Wucht wurde durch die Trennwand etwas gelindert.“
„Ist er wach? Kann er reden? Er hat doch bestimmt etwas gesehen“ meinte Doyle und ging zum Krankenwagen in den Murphy gerade verladen wurde.
„Hey Murphy, was machst Du denn für Sachen?“ Bodie war über die Verletzungen die er sah sehr erschrocken. *Wie gut, dass er gerade hinten war* dachte er und grinste Murphy leicht an.
„Ach, ich weiß auch nicht“ stöhnte Murphy. „Die Kleine die ihre Sachen abgegeben hatte war einfach zu süß. Und das trotz der gelben Schuhe.“
„Was denn, nicht schon wieder gelbe Schuhe." stöhnte Doyle „Warum hast Du denn nicht aufgepasst? Schließlich sind wir doch deswegen im Einsatz“
„Aber sie sah doch aus wie ein Engel“ murmelte Murphy noch, bevor er das Bewusstsein verlor.
Doyle sah Bodie an und fragte: „Oh Mann, ich brauch jetzt erst mal ein Bier. Kommst Du mit?“
Bodie blickte sich um und nickte. „Hier können wir im Moment sowieso nichts mehr tun.“ Gedankenverloren gingen sie in den nächsten Pub.
„Erinnerst Du Dich noch an den Vorfall vor zwei Wochen?" fragte Doyle während sie sich ihr Bier holten.
Zwei Wochen vorher:
Die Explosion welche die Eisdiele von Antonio Pulari zerstörte war gewaltig. Die Scheibe zersprang mit Wucht und die Scherben verteilten sich mit den Resten von Tischen und Stühlen über den Gehweg. Innerhalb kürzester Zeit waren Feuerwehr und Polizei zur Stelle und noch während nach Verletzten gesucht wurde trafen sowohl der Notarzt als auch der CI5 ein.
„Wie sieht es aus? Gibt es Überlebende?" rief Cowley den Polizisten entgegen während sie über die Straße liefen, aber keiner reagierte. Sie folgten dem Arzt, der auf eine blutüberströmte junge Frau am Boden zulief. Bodie meinte leise „Die Kleine hätte ich gerne mal vor der Explosion getroffen." Erleichtert stellte er fest, dass Doyle ihn nicht gehört hatte.
In dem Moment sah der Arzt hoch und rief „Ich brauche die Trage, sie atmet noch!"
Bodie und Doyle gingen rasch rüber und Doyle bemerkte, dass sich ihre Lippen bewegten. Er beugte sich über sie und hörte immer wieder „Gelb, gelbe Schuhe. Warum gelb?" Kurz danach wurde sie ohnmächtig.
Die Beiden schauten sich noch etwas um und sprachen mit den Feuerwehrleuten, danach gingen sie zu Cowley um ihm Bericht zu erstatten.
„Das Mädchen heißt Catarina Pulari und ist die Tochter des Inhabers. Sie hatte gerade die Hintertür aufgeschlossen und daher noch Glück gehabt. Die Tür hat eine Menge abgehalten. Ohne wäre sie jetzt tot. Bevor sie ohnmächtig wurde, sagte sie etwas von gelben Schuhen."
„Gelbe Schuhe", stutzte Cowley. „Fällt Ihnen nichts auf? Das ist inzwischen der dritte Hinweis auf gelbe Schuhe."
„Stimmt", kam von Bodie. „Da war doch vor einem Monat die Drogerie die hochgegangen ist. Der Verkäufer sagte auch etwas von gelben Schuhen."
„Ja", nickte Doyle. „Und vor zwei Wochen der Imbiss von Enrico Fontanelli. Ob da jemand etwas gegen Italiener hat?"
„Nein, das glaube ich nicht" schüttelte Cowley den Kopf. „Die Drogerie gehörte der alten Miss Anderson. Es muss einen anderen Zusammenhang geben. Hören Sie sich mal um, ob irgend jemand etwas mitbekommen hat, wir sehen uns morgen um 08:00 Uhr in meinem Büro." Mit diesen Worten stieg er in seinen Wagen und fuhr davon.
Der Wagen war kaum um die Ecke verschwunden als Bodie noch etwas einfiel: „Sag mal Ray, der Verkäufer in der Drogerie war doch Italiener. Vitorio Brunelli oder so."
„Stimmt", antwortete Doyle ihm. „Vielleicht geht es ja doch um Italiener."
Die nächsten drei Stunden befragten sie alle möglichen Leute, aber sie bekamen einfach keine Antwort auf ihre Fragen. Niemand hatte etwas bemerkt.
Am nächsten Morgen trafen Doyle, Bodie, Williams und Murphy zeitgleich im Büro von Cowley ein.
„Guten Morgen" Cowley schaute kurz hoch. „Sie alle wissen um die drei Explosionen. Bisher gibt es noch keine Verbindung, ausser dass alle drei Opfer italienischer Abstammung sind. Also müssen wir weitgestreut ermitteln. Sie vier werden daher auf unbestimmte Zeit einen anderen Beruf ausüben.
Murphy, Sie arbeiten in der Reinigung Cleanwasher und Williams, Sie übernehmen den Antikladen
Yesterday“
Er drehte sich zu Bodie und sagte: "Sie gehen in den Massagesalon Miss Saigon und werden dort als Masseur arbeiten." *Toll* dachte Bodie *da gibt es bestimmt viele heiße Miezen*
„Und Sie Doyle werden als neuer Angestellter in Sammys Schuhladen aushelfen. Da Sie alle nur noch normale Angestellte in normalen Berufen sind, werden Sie ohne Waffen oder R/T auskommen müssen. Eine Kontaktaufnahme mit mir wird es nur telefonisch geben. Und jetzt los, Ihre neuen Chefs erwarten Sie schon."
Als sie Cowleys Büro verließen hatte Bodie noch einen Scherz gemacht und gesagt „Mach nicht so ein Gesicht Ray, mit Frauenfüßen kennst Du Dich doch aus.“
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Tja, und jetzt saßen sie nach zwei Wochen hier im Pub, Murphy lag im Krankenhaus und sie waren immer noch keinen Schritt weiter. Es war zum aus der Haut fahren.
Bodie schlug mit der Faust auf den Tisch und sagte: „Verdammt, ich hätte nie gedacht, dass Murphy sich von einem schönen Gesicht ablenken lässt. So etwas wäre doch eher für Dich typisch gewesen.“
„Ach ja, und Du bist bei so was natürlich unschuldig wie ein Chorknabe“, konterte Doyle. „Aber jetzt lass uns endlich arbeiten, es muss doch einen Zusammenhang geben.“
Er nahm einen Zettel, schrieb die vier Orte nebeneinander und ergänzte das Ganze dann um die Namen der Eigentümer und die Anschriften.
„Die Drogerie gehörte Miss Anderson, der Imbiss Enrico Fontanelli, die Eisdiele Antonio Pulari und die Reinigung Mister Che-Hung Song.“
Nachdem sie sich zwei Stunden die Köpfe zerbrochen hatten rief Bodie: „So ein Mist, das bringt doch hier alles nichts und auch unsere Theorie mit den Italienern hat sich vollständig in Luft aufgelöst. Lass uns in HQ fahren und Susan fragen. Vielleicht hat sie ja eine Idee. Dann machen wir Feierabend und ich erzähle Dir von meinen Massagen.“ Dabei blitzten seine Augen schon wieder vor Lachen.
Die nächsten Tage verliefen insgesamt ereignislos. Der einzige Lichtblick für Doyle war, dass die schöne junge Frau wieder in den Schuhladen kam und sich für ihr plötzliches Verschwinden entschuldigte.
„Ist doch nicht schlimm“, Doyle lächelte sie an. „Ich heiße übrigens Ray Doyle und Sie?“
„Ich bin Annabelle Peters.“ stellte sich die junge Frau vor.
„Sagen Sie Annabelle, hätten Sie Lust als Entschuldigung heute Abend mit mir Essen zu gehen? Ich könnte Sie so gegen 19:00 Uhr abholen und dann gehen wir japanisch Essen.“
„Ja, gerne. Japanisch esse ich für mein Leben gern“, antwortete Annabelle. „Aber ich habe noch eine Bitte. Könnten Sie mir die Schuhe mit den Strasssteinen bitte in Sonnenblumenfarben bestellen? Das passende Kleid für meinen Freund habe ich nämlich auch schon ausgesucht. Es ist schwarz und kurz. Tja, er hätte nicht mit mir wetten sollen.“
„Geht klar. Größe 42, richtig?“ fragte Doyle während er sich Zettel und Stift schnappte um sich ihre Adresse aufzuschreiben.
„Ja, und bis heute Abend“, antwortete Annabelle und gab ihm noch Ihre Adresse. Dann verließ sie den Laden.
Kurz darauf hatte Sammy noch eine tolle Aufgabe für Doyle. Er sollte das Fenster neu dekorieren, schließlich war neue Ware eingetroffen. Das Ergebnis war katastrophal. Bodie, der gerade vorbeikam um ihn zur Pause abzuholen, brach in schallendes Gelächter aus.
„Komm“, sagte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte „wir holen Williams zum Mittagessen ab.“
„Hör auf zu lachen“, Doyle grinste. „Du hast doch den einfacheren Job erwischt. Da kommt es bestimmt nicht auf gute Dekoration an.“
Gemeinsam gingen sie die drei Straßen weiter und holten Williams ab. Beim Essen erzählte er ihnen wie es Murphy inzwischen ging und gab auch dessen Beschreibung der jungen Frau wieder. „Sie ist schlank, jung, hat lange brünette Haare und sieht angeblich aus wie ein Engel.“
*Hm.* dachte Doyle. *So sieht Annabelle auch aus. Aber Engel gibt es ja mehrere.* Und da er bisher niemandem davon erzählt hatte und Annabelle auch nicht mit Bodie teilen wollte, behielt er es vorläufig für sich.
Plötzlich blickte Williams auf die Uhr und rief: „Oh verdammt, ich muss mich beeilen. Um 15:00 Uhr kommt eine Kundin die ein richtig altes Buch verkaufen will. Hoffentlich schaffe ich das noch.“ Mit diesen Worten sprang er auf und rannte aus der Tür. Bodie und Doyle zahlten und folgten ihm gemütlich.
Williams war noch drei Häuser von dem Antikladen entfernt, als die Bombe vor der Tür explodierte. Er warf sich auf den Boden und sah aus den Augenwinkeln ein paar gelbe Schuhe in einer Hofeinfahrt verschwinden.
Bodie und Doyle kamen angerannt und Williams schrie: „Da, im Hof. Die gelben Schuhe!“
Sie stürmten durch die Einfahrt, aber der Hof war leer. Nur in einer Ecke lagen zwei gelbe Schuhe.
„Verdammt, sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben“, Hektisch suchend drehte Ray sich mehrere Male im Kreis.
„Nein, aber sie wird einfach die Schuhe gewechselt haben und ist dann verschwunden. Wir achten doch im Moment alle eher auf diese bekloppten Schuhe als auf das Gesicht“, entgegnete Bodie während er sich bückte und die Schuhe aufhob. „Immerhin ist es eine Damengröße“, grinste er. „Wird wohl keiner Deiner Kunden sein.“
„Ach, halt bloß die Klappe“, knurrte Doyle. „und komm jetzt. Mal sehen, ob man schon was rausbekommen hat.“
Als sie aus dem Hof traten sahen sie schon von weitem, dass sich Williams mit Cowley unterhielt. Der Antikladen aber war nur noch ein Trümmerhaufen. Bodie bekam auf seine Frage ob Susan denn schon was rausgefunden habe nur ein knappes „Nein“ und ein „zurück an Ihre Arbeit" zu hören.
Doyle schickte die Bestellung nach den Sonnenblumenfarbenen Schuhen raus und überlegte dabei, was das doch für eine komische Bezeichnung wäre. Aber wie sagte sein Chef Sammy ja immer ‚Es gibt bei Schuhen keine Farbe die es nicht gibt.’
Um 18:00 Uhr hatte er endlich Feierabend. Als er abschloss kam Bodie mit quietschenden Reifen um die Ecke gefahren und rief „Einsteigen Ray, der Alte will uns sehen!“
Doyle schüttelte den Kopf, rannte zu seinem eigenen Wagen und rief zurück: „Keine Zeit, ich treffe mich gleich mit Annabelle und gehe im Yokohama essen.“ Alles was Bodie davon verstand war ‚Annabelle’ und ‚Yokohama’.
*Na toll*, dachte er. *Und wie soll ich das bitte Cowley klar machen? Doyle fliegt mit Annabelle nach Yokohama* Er verdehte die Augen als er an Cowley Reaktion dachte.
Als er im HQ ankam saß Susan schon in Cowleys Büro. „Wo ist Doyle?“ Cowley setzte sich in seinen Sessel.
„Keine Ahnung Sir, als ich bei Sammys Schuhladen ankam, war er schon weg. Und ohne R/T konnte ich ihn ja auch nicht erreichen. Da Sie ja sagten, dass es eilig sei, bin ich halt ohne ihn gekommen.“
„Und das, wo wir nun endlich wissen, wer das Ziel ist. Los Susan, erzählen Sie schon.“
„Ja, Sir“, Susan schob Bodie einen Zettel zu. „Hier ist noch mal eine Aufstellung der betroffenen Läden, diesmal nur etwas anders geordnet. Wenn Sie sich die Anfangsbuchstaben vornehmen, sollte Ihnen etwas auffallen.“
„DIE RA.. Was soll das heissen? Stirb Ratte oder so?" verwirrt schaute Bodie auf den Zettel. „Wer soll denn die Ratte sein?"
„Wir vermuten, dass Doyle damit gemeint ist. Er ist der Einzige bei unserer Truppe dessen Vorname mit RA anfängt" entgegnete Cowley und sah Bodie eindringlich an. „Fällt Ihnen wirklich nicht ein, wo er sein könnte?"
„Stirb Ray? Ray ist also die Zielperson! Verdammt, ich werde ihn suchen und warnen.“ Mit diesen Worten rannte Bodie aus dem Büro, stieg in seinen Wagen und raste los.
Wo könnte er Doyle finden? Wie war das noch? *Annabelle und Yokohama! So heißt doch dieses neue Japanische Restaurant in das Doyle schon so lange wollte. Ja, da werde ich nachschauen.* dachte Bodie während der durch die Straßen raste. Der Wagen kam mit quietschenden Reifen zum stehen und Bodie rannte in das Restaurant. Da sah er Doyle auch schon, neben ihm saß eine hübsche junge Frau.
*Das muss Annabelle sein* dachte er und versuchte durch Winken und Hüpfen Doyles Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Der Ober kam auf ihn zu und meinte leise „Entschuldigen Sie junger Mann, aber wir sind ein vornehmes Restaurant. Bitte benehmen Sie sich.“ „Dazu habe ich im Moment keine Zeit“ zischte Bodie und winkte weiter. Der Ober versuchte ihn mit einem leichten Druck am Arm aus dem Restaurant zu schieben, aber Bodie schob ihn zur Seite. Als weitere Japaner ankamen und ihn aus dem Restaurant schmeißen wollten, schrie er ganz laut „Was ist das den für ein schlechter Service? Ich werde mich bei Ihrem Boss über Sie beschweren. Den Laden kann man ja niemandem empfehlen.“
Als er die bekannte Stimme hörte hob Doyle den Kopf und bekam noch mit, das Bodie auf ihn zeigte und dann raus stürmte. „Bitte entschuldige mich kurz“, sagte er im Aufstehen und ging Bodie nach.
„Was sollte denn das Theater?“
„Ganz einfach, wir wissen jetzt wer das Ziel ist!“ antwortete Bodie
„Ach ja? Und da musst Du mir mein schönes Date verderben? Dass Du so neidisch bist, hätte ich ja nicht erwartet. Du kannst es mir ja morgen erzählen, ich habe nämlich jetzt Feierabend und Du hast ja gesehen, was für ein süsser Käfer auf mich wartet.“ Doyle drehte sich um ging wieder rein.
Kaum war er durch die Tür sah er schon, dass der Tisch leer war. Er ging hin und dachte, Annabelle wäre zur Toilette gegangen. Auf seinem Platz lag eine Pralinenschachtel. Als er die Schachtel zur Seite schob war ihm, als höre er eine Uhr ticken. Er hob den Deckel der Pralinenschachtel leicht an und sah ein Wirrwarr von Drähten.
„Alles raus, hier explodiert gleich eine Bombe!!!“ schrie er.
Es waren kaum alle raus, als die Bombe hoch ging. Man suchte in den Trümmern, aber von Annabelle war keine Spur zu finden. Nachdem man das Personal befragt hatte kam raus, dass sie sich durch die in der Küche befindliche Hintertür aus dem Staub gemacht hatte.
„Hörst Du mir jetzt endlich mal zu! Du bist das Ziel!“ sagte Bodie eindringlich „Und Deine Annabelle ist die Attentäterin.“
„So ein Quatsch, wie kommst Du denn darauf?“ wollte Doyle wissen und schaute Bodie ungläubig an.
„Wie blind bist Du denn vor Verliebtheit?“ fragte Bodie. „Ray, die Einzigen die wussten, dass Du mit ihr hierher wolltest sind Annabelle, Du und ich. Und ich habe es keinem verraten.“
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Kurze Zeit später saßen sie in Cowleys Büro und versuchten Klarheit in die ganze Sache zu bringen.
„Was haben Sie dem Mädchen angetan, Doyle?“ wollte Cowley wissen und schüttete allen ein Malt ein. „Es muss doch einen Grund geben, warum sie Sie lieber tot als lebendig sehen würde. Und übrigens: Sie heißt nicht Annabelle Peters. Eine Annabelle Peters ist nirgendwo gemeldet.“
„Ich habe keine Ahnung, was ich ihr getan habe soll“, grübelte Doyle und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Ich kenne sie doch kaum. Sie kam vor einigen Tagen in den Laden, suchte Schuhe für einen Freund der eine Wette verloren hat und hat dann auch noch welche bestellt. Ich fand sie nett und hab sie halt zum Essen eingeladen. Mir fällt wirklich kein Grund ein, warum sie mich töten will. Ich glaube einfach nicht, dass sie es ist.“
Bodie wollte mal wieder einen Scherz loswerden und meinte; „Vielleicht gefiel ihr die Art Deiner Schaufensterdekoration nicht. Oder Du hast die falsche Farbe für den Freund ausgesucht.“
„Farbe, dass ist es“, rief Doyle. „ Sie hat Sonnenblumenfarbene Schuhe bestellt. Das heißt, die Teile werden gelb sein.“
„Damit sind wir also wieder bei den gelben Schuhen“, Cowley sah ihn an. „Aber warum? Was ist an den gelben Schuhen so wichtig? Fällt Ihnen dazu denn gar nichts ein?“
„Nein“, sagte Doyle. „Ich habe zwar die ganze Zeit das Gefühl, dass da was ist, aber ich kann es nicht packen. Aber sie wird die Schuhe bestimmt noch abholen, vielleicht kann ich ja dann was rausbekommen.“
„Nun gut, meine Herren“, sagte Cowley. „Dann machen wir für heute Feierabend. Und Sie, Doyle, gehen morgen ganz normal wieder in Sammys Schuhladen arbeiten. Und Sie, Bodie, werden im Hinterzimmer warten und aufpassen, was geschieht. Und jetzt gute Nacht.“
Bodie fuhr Doyle nach Hause und setzte ihn vor seiner Haustür ab. „Nun husch ins Bettchen und schlaf gut. Ich hol Dich morgen früh ab.“ „Gute Nacht“, antwortete Doyle und ging nachdenklich in seine Wohnung. Bodie blieb mit seinem Wagen auf der anderen Straßenseite stehen und beobachtete das Haus die ganze Nacht. Aber es tat sich nichts.
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Am nächsten Morgen fuhren sie gemeinsam zu Sammys Schuhladen und Bodie machte es sich im Hinterzimmer bequem. Anfangs schielte er immer durch den Vorhang wenn die Klingel ging. Aber nach einiger Zeit forderte die durchwachte Nacht ihren Tribut. Er machte es sich auf dem Stuhl bequem, legte den Kopf auf den Tisch und schlief ein. So entging ihm auch, dass Annabelle plötzlich den Laden betrat.
„Hallo Annabelle, schön Dich zu sehen“, sagte Doyle. „Du warst gestern so plötzlich verschwunden, was war denn los?“
„Das weißt Du ganz genau“, zischte Annabelle und zog eine Pistole aus ihrer Tasche. „Ich will, dass Du stirbst. Du hast mir vor Jahren das Liebste genommen was ich hatte. Los, jetzt lass die Roll-Läden runter, damit wir ungestört sind.“ Mit diesen Worten ging sie rückwärts zur Tür und schloss ab. Doyle tat wie ihm geheißen und trat dann wieder in die Mitte des Raumes.
„Was soll das alles, Annabelle?“ fragte er und wunderte sich wo Bodie blieb. „Ich kenne Dich doch gar nicht. Wie soll ich Dir denn dann jemals etwas weggenommen haben? Ich habe viel eher etwas für Dich besorgt, nämlich Sonnenblumengelbe Schuhe.“
„Oh nein“, antwortete Annabelle. „Die sind für Dich.“ Sie sah ihn hämisch lächelnd an „Los, ausziehen!“ schrie sie ihn plötzlich an. „Oder ich schieß Dir in Dein Bein. Und glaube nicht, dass ich das nicht könnte. Ich bin Meisterin in unserem Schießverein!“
*Warum soll ich mich ausziehen, wenn es um die Schuhe geht* dachte Doyle, während er anfing sein Hemd aufzuknöpfen. *Und wo bleibt eigentlich Bodie? Bestimmt schläft der verdammte Mistkerl wieder...*
Als er nur noch mit seiner Unterhose bekleidet vor Annabelle stand, zog diese ein schwarzes Minikleid aus der Tasche und warf es ihm mit den Worten „Anziehen und die Schuhe auch“ vor die Füße. Doyle entging nicht das begehrliche Glitzern in ihren Augen.
Was blieb ihm anderes übrig? Er zog das Kleid und die Schuhe an und verfluchte Bodie im Stillen, weil der immer noch nicht reagiert hatte. Vor lauter Frust nahm er die Kaffeetasse die auf der Theke stand und warf sie durch den Vorhang nach hinten.
Laut schrie er Annabelle an: „Und, bist Du nun zufrieden? War es das, was Du wolltest? Mich in einem bekloppten Fummel sehen? Darf ich mich jetzt wieder umziehen?“
„Nein“, zischte Annabelle und holte einen Fotoapparat aus der Tasche. „Erst werden wir noch schöne Fotos machen. Dann weißt Du endlich, wie Pete sich damals gefühlt hat.“
Als er den Namen Pete hörte, fiel ihm plötzlich ein wer sie war. „Du bist Sofie Miller, Petes kleine Schwester. Verdammt Sofie, lass den Quatsch und gib mir die Kanone.“
„Niemals“, lachte sie und betätigte den Auslöser der Kamera. Da hörte sie eine Stimme aus dem Hinterzimmer: „Waffe fallen lassen, und zwar ganz schnell. Ansonsten kann ich für nichts garantieren.“ Mit diesen Worten kam Bodie endlich hinter dem Vorhang her. Er nahm ein Stück Paketschnur und fesselte ihr die Arme auf dem Rücken. Danach drehte er sich zu seinem Partner um, betrachtete ihn von oben bis unten und meinte laut lachend „Steht Dir gar nicht mal so schlecht. Aber Du solltest Dir mal wieder die Beine rasieren.“ Zu seinem Glück konnte Doyle auf den High Heels gerade mal stehen, laufen ging gar nicht.
„Zieh Dich lieber wieder um“, sagte Bodie nachdem er aufgehört hatte zu lachen. „Ich muss Cowley Bescheid sagen und wenn der Dich so sieht….“
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Als sie abends im Pub saßen fragte Bodie plötzlich: „Sag mal Ray, was ist das denn für eine Geschichte mit Pete? Wer war oder ist das eigentlich?“
Doyle lehnte sich zurück, trank noch einen Schluck von seinem Bier und fing an zu erzählen:
„Das Ganze ist schon verdammt lange her. Ich war damals fünfzehn oder sechzehn, so genau weiß ich das gar nicht mehr. Einige Jungs aus meiner Klasse hatten sich zu einer Fete getroffen und wir haben diverse Wetten veranstaltet. Pete war gutaussehend und bildete sich sehr viel darauf ein. Er wettete, dass er das schönste Mädchen der Schule innerhalb der nächsten drei Tage abschleppen könnte. Sein Wetteinsatz war schon etwas bizarr: Sollte er einen Korb von ihr kriegen, würde er in einem schwarzen Minikleid seiner Schwester auf gelben High Heels durch den Park laufen. Wir haben damals alle dagegen gewettet. Schließlich kannten wir unsere ‚Schönheitskönigin.’ Sie war absolut unnahbar.“ Er trank noch einen Schluck und schaute gedankenverloren in das Glas in seiner Hand.
„Hey, und wie ging es weiter?“ rief Bodie.
„Sie sagte natürlich ab. Einer meiner Kumpels hatte sie über unsere Wette informiert und ihr auch den Wetteinsatz verraten. Pete musste also am vierten Tag in dem schwarzen Minikleid und den gelben High Heels durch den Park laufen. Einige machten sogar Fotos davon und verteilten diese danach in der Schule. Pete hat das Gelächter der Kameraden nicht ausgehalten und sich zwei Tage später aufgehängt. In seinem Abschiedsbrief schrieb er, dass schlimmste seien für ihn die gelben Schuhe gewesen.“
Nachdenklich sahen die Beiden sich an und Bodie zog ein Foto aus der Jackentasche.
„Hier Ray, ich finde zwar, dass Du da wirklich gut getroffen bist, aber ich möchte ja nicht, dass Du es Pete nachmachst. Die Negative habe ich verbrannt, aber einen Abzug habe ich jetzt in meinem Fotoalbum."
Lachend warf Doyle ihm einen Bierdeckel an den Kopf und steckte das Foto von sich im schwarzen Minikleid und gelben High Heels mit Strasssteinen in die Jackentasche.
Ende
no subject
Date: 2013-05-13 02:45 pm (UTC)Inhaltlich war es teilweise zwar nicht so meins, aber ich häng mich da auch gern an Kleinigkeiten auf (ich fange dann an darüber nachzudenken dass so ein Schuhladen in London um 1980 wahrscheinlich nicht viel Umsatz machen würde, und ob Cowley seine besten Agenten wirklich für einen Monat in so eine Undercover OP stecken würde... und ob Pete sich wirklich gleich umgebracht hätte wegen so einer Sache etc.)
Finde ich sehr cool daß Du die gelben Schuhe aufgegriffen hast.
no subject
Date: 2013-05-13 04:16 pm (UTC)Aber Du hast recht, der Laden wäre wahrscheinlich über kurz oder lang pleite gegangen *G*, ich hätte aus Sammy wohl doch den Cousin des italienischen Botschafters machen sollen. Das hätte auch die Zeit der Undercover OP erklären können. Aber beim nächsten Mal wird es hoffentlich logischer.
OK, zwei Tage bis zum Selbstmord war etwas kurz, zwei Monate wären wahrscheinlich besser gewesen. Aber ich lern ja noch ;-)
no subject
Date: 2013-05-13 05:06 pm (UTC)no subject
Date: 2013-05-13 07:49 pm (UTC)Aber im Ernst: Ich ziehe meinen Hut vor Leuten die Zeichenen können. Ist leider nicht meins, ich kann nur Bäume :-)
Und Hinweise am Rande finde ich klasse. Helfen mir doch beim nächsten Versuch.
no subject
Date: 2013-05-13 07:54 pm (UTC)no subject
Date: 2013-05-14 05:53 am (UTC)Das freut mich!
no subject
Date: 2013-05-13 08:39 pm (UTC)Hat Spaß gemacht! :-)
Ich würde nur noch konsequenter die Sprecher optisch teilen, und auch wenn etwas Neues passiert.
Aber jetzt würde ich zu gerne dieses Foto sehen von Ray im kleinen Schwarzen und mit gelben Pumps... *träum*
no subject
Date: 2013-05-14 06:01 am (UTC)no subject
Date: 2013-05-14 06:11 am (UTC)no subject
Date: 2013-05-13 09:09 pm (UTC)"Und da er bisher niemandem davon erzählt hatte und Annabelle auch nicht mit Bodie teilen wollte, behielt er es vorläufig für sich." Ich glaube, das wäre untypisch für Doyle. Du hast es sicher reingepackt, um die Spannung hochzupuschen, damit es nicht vorhersehbar ist - aber Doyle würde doch zumindest Bodie unter vier Augen davon erzählen, wenn er glaubte, dass es die gleiche Frau sein könnte.
"Doyle fliegt mit Annabelle nach Yokohama" - ja, das kommt davon, wenn man nicht richtig zuhört *g*
"und versuchte durch Winken und Hüpfen Doyles Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen" - hm, kann ich mir bei Bodie gar nicht vorstellen. Entweder geht er direkt zum Tisch, oder er gibt dem Kellner eine Nachricht für Ray. Für mich wirkt "winken und hüpfen" so ein bisschen kindlich für einen coolen Kerl. Und dass Doyle einfach wieder reingeht, anstatt Bodie noch ein paar Sätze sagen zu lassen, gerade wo schon Kollegen wie Murphy verletzt sind - kann ich mir auch nicht vorstellen.
„Wie blind bist Du denn vor Verliebtheit?“ so kommt Ray nicht rüber für mich, sondern einfach nur, dass sie ihm gefällt. Mehr hattest Du so wie ich das sehe, auch nicht geschrieben.
Dass Bodie im Hinterzimmer einschläft, halte ich für hochgradig unwahrscheinlich. Sie sind drauf trainiert, mit wenig Schlaf auszukommen, und wenn Bodie weiß, dass Ray möglicherweise in Gefahr ist, schläft er nicht ein.
Die Idee, dass Ray das Minikleid und die Pumps anziehen muss, finde ich witzig.
Wenn Annabell mit ihrer Waffe auf Doyle zielt, und Bodie auch eine Waffe in der Hand hat, dass sind sie sich zumindest ebenbürtig, aber eher hat Annabell einen Vorteil. Warum sollte sie also die Waffe ablegen?
Dass sich Pete aufhängt nach so einem einzelnen Vorfall, finde ich etwas übertrieben. Wenn es jetzt der letzte Auslöser gewesen wäre, weil schon diverse Sachen vorher waren, klar, das wäre was anderes. Wenn sich alle Jugendlichen umbringen würden, die in der Pubertät einmal Unglück erleiden, würde die Menschheit aussterben ;-).
Dass eine Schwester, die möglicherweise sowieso schon leicht gestört ist, davon dann ganz durch den Wind ist, kann ich mir gut vorstellen.
Also mein Resümee: alles viel plastischer geschildert, das gefällt mir sehr. Aber einiges an Reaktionen und Aktionen sind mir nicht schlüssig, wenn ich mir so vorstelle, ich würde sie in einer Episode sehen...