ext_277279 ([identity profile] firlefanzine.livejournal.com) wrote in [community profile] doppelleben_ci52011-07-31 02:01 pm

Challenge I : Bingo von Firlefanzine


Bingo
von Firlefanzine

Geschrieben für den „Discovered in a Schönheitssalon” Challenge von Firlefanzine.
Bodie und Doyle hatten einen bösen Streit, und Bodie ist wütend davongebraust,
um mit Doyles Mutter zu sprechen, die einen Schönheitssalon in London führt. Die
Frau nimmt den aufgebrachten fremden Mann mit in die hinteren Räume, als 4
bewaffnete Gangster den Laden auf der Flucht vor der Polizei stürmen.

Sorry! Ich bin zu spät! Eine ganze Woche lang…

***


“Fuck, Ray...!”

Bodie stand nur wenige Zentimeter von Ray entfernt und und starrte ihn wütend an. Er hatte immer noch den zerknüllten Kassenbon aus dem ‘Beauty Salon Constance Doyle’ in der zur Faust geballten Hand. *Wie gerne würde er dem verdammten Bastard damit...*

‚Spionier nicht in meinem Leben herum‘ und ‚kümmere Dich um Deinen eigenen Kram‘ hatte Ray ihm ins Gesicht geworfen. Und ihm dabei eiskalt und warnend in die Augen geblickt.

So! Er spionierte Ray also nach, wenn er nur den Autoschlüssel aus seiner Manteltasche holen wollte und dabei einen Zettel von Ray’s Mutter fand? Er spionierte ihm also nach, wenn er neugierige war und den Zettel nicht ungelesen wieder weglegen konnte?

Schön! Dann war er eben neugierig. Aber was war so schlimm daran, wenn man sich für jemanden interessiert, mit dem man seit immerhin 2 Monaten schlief?
OK, Bodie gestand sich ein, daß ihn das noch nie bei seinen vorherigen Beziehungen mit einigen Frauen interessiert hatte. Aber Ray…, Ray war eben anders.
Mehr.

Und dieser ‚besondere Mensch‘ sagte ihm gerade daß es ihn nichts angeht, wenn er seine Mutter besuchte? Eine Mutter, von der Bodie immer gedacht hatte, daß sie gar nicht existieren würde…
Vor allem hatte Ray ihn jedes Mal belogen, wenn er zu seiner Mutter gefahren war.
Schämte er sich seiner?

*Fuck, Ray!*

Bodie hatte Ray den Zettel mit einer theatralischen Geste vor die Füße geschmissen, und war zu seinem Auto marschiert.

Zornerfüllt raste er durch die geschäftige Stadt. Vollkommen untypisch gab es keine größeren Verkehrsbehinderungen und er bekam keine Chance sich etwas abzukühlen. Schon eine knappe Viertelstunde nach seinem Streit mit Ray, fand er einen Parkplatz direkt vor dem überraschend exklusiven Laden von Constance Doyle.

Die Tür aufreißen und in einem autoritären Ton nach Ms.Doyle fragen waren eins, und Bodie hatte sofort die Aufmerksamkeit von einem guten Dutzend von Leuten sicher. Die junge Frau an dem Tresen blieb vollkommen ruhig, schließlich war sie geborene Londonerin und ließ sich bestimmt nicht von irgendwelchen unzufriedenen Kunden aus der Ruhe bringen – von sehr gut aussehenden Kunden noch dazu… Sie säuselte daher ein verführerisches „Tut mir leid Sweetheart, die Chefin ist nicht da, aber ich hätte jetzt Zeit…“
Der Mann, den Bodie vom Tresen weggedrängt hatte, machte sich jetzt bemerkbar. „Ach ja, und gerade noch haben Sie mir erzählt, daß die nächsten zwei Wochen nichts mehr frei ist.“

Er war der Typ Juppie Banker, höchstens Ende 20, mit rosa Hemd und Zweireiher, und Bodie ignorierte ihn völlig und verlangte noch einmal Ms.Doyle zu sprechen.

Eine Tür ging auf und eine sehr gepflegt aussehende Frau, Ende Vierzig trat hinaus.
„Patty, schicken Sie den Herrn ruhig durch, ich kümmere mich um ihn.“

Sie sah Bodie lächelnd an und machte eine einladende Handbewegung. Bodie hatte sich noch nie von vornehmen Manieren einschüchtern lassen, und signalisierte ihr, daß sie vorgehen sollte.
Er schloß die Tür hinter sich und überließ seinem Publikum den Spaß die kleine Szene genüßlich durchzukauen.

In dem geräumigen Hinterzimmer tigerte Bodie von Wand zu Wand, die Hände in den Taschen seiner schwarzen Lederjacke vergraben.
„Sie sind Ms. Doyle? Ray’s Mutter?“ Endlich blieb er stehen und sah jetzt zum ersten Mal, daß die Frau eigentlich zu jung dafür war.

Sie nickte nur kurz. „Und sie sind…?“

„Hat Ray mich nicht erwähnt? Ich… wir arbeiten zusammen…“

„Nein, tut mir leid. Er hat mir von einem Mr.Cowley erzählt, und einer Betty. Ich nehme nicht an, daß Sie Mr.Cowley sind?“

Bodie ballte die Fäuste in den Taschen, sein Gesichtsausdruck wurde, wenn möglich, noch finsterer.

„Ich bin Bodie.“, als würde das alles erklären.

Sie schüttelte noch einmal den Kopf. „Nein, tut mir leid… Aber, was kann ich für sie tun, Mr.Bodie?“

Sie stockte plötzlich. „Ist Ray etwas passiert? Sind Sie deshalb hier?“

Bodie sah, daß sie tatsächlich weiß wie die Wand geworden war, und beeilte sich ihr zu versichern, daß Ray OK war.

Wieder nahm er seine Runden durch den Raum auf.

„Mr.Bodie, sagen Sie mir endlich, was Sie so aufgebracht hat, und was ich damit zu tun habe…?“

Er blieb vor ihr stehen. „Sie haben Ray in letzter Zeit einige Male gesehen… Ray und ich, wir sind…
sehr gute Kollegen, und ich… Ach!“ Was sollte er der Frau erklären?

In dem Moment hörte man draußen quietschende Reifen, Glas splitterte und es klang als würden mehrere Autos zusammenstoßen. Bodie und Ms.Doyle rannten zu dem kleinen Fenster, durch das man fast den ganzen Salon überblicken konnte. Ungläubig sahen sie, wie vier schwer bewaffnete Männer den Salon stürmten. Und in Windeseile waren bei allen Fenstern und der Eingangstür die Rollladen runtergelassen worden, und dann machten sich die Männer daran, Angestellte und Kunden in eine Ecke des Ladens zu treiben.

Bodie hatte sofort den Angriff an die Zentrale gemeldet, und dabei so viele Informationen wie möglich weitergegeben. Jetzt wandte er sich an Ray’s Mutter. Er mußte unbedingt dafür sorgen daß ihr nichts passierte! Ray würde ihm das nie verzeihen. „Ms.Doyle bleiben Sie ganz ruhig…“

„Sie kommen bestimmt gleich hier rein, Mr.Bodie was sollen wir tun?“
Ihr kam ein Gedanke. Wortlos schob sie Bodie’s Jacke ein wenig zur Seite, und fand dort wie erwartet seine Waffe.
„Oh nein! Keine Heldentaten, Mr.Bodie. Bitte!“

Sie griff nach einem gelb, braunen Kittel, in den gleichen Farben wie ihr eigener.
„Hier, ziehen Sie das an und lassen sie das Ding da verschwinden.“

Bodie’s Gedanken rasten, und er mußte Ray’s Mutter Recht geben. Sie hatte einen genauso schnellen und scharfen Verstand wie ihr Sohn. Die vier Gangster hatten sich vorne im Salon gut verteilt, und selbst wenn er den Überraschungseffekt auf seiner Seite hatte, würde er höchstens einen oder zwei ausschalten können. Sorgfältig versteckte er Waffe und R/T unter den schmutzigen Handtüchern und schlüpfte in den Kittel.

„Sie sind Ernesto, mein Assistent. Er hat sich heute krank gemeldet.“

Und kurz bevor die Tür mit einem lauten Knall aufgetreten wurde, zischte sie Bodie noch zu,
„Er ist schwul.“

Die Tür traf Bodie voll an seiner linken Schulter und er wurde zu Boden geworfen, und insgeheim war Constance froh darüber. Wenn dieser Partner von Ray nur halbwegs wie ihr Sohn gestrickt war, dann hätte er andernfalls wahrscheinlich trotzdem etwas Dummes versucht. Sie versuchte die Eindringlinge von ihm abzulenken. Auch wenn es absolut nicht ihre Art war, schrie sie so laut und so hysterisch wie sie konnte.

„Halt die Klappe, Tantchen! Oder es setzt was.“ Der größere der Gangster hatte jetzt seine volle Aufmerksamkeit auf sie gerichtet, während ein kleiner, schmächtiger Mann seine Waffe vage in Bodie’s Richtung hielt.

***


Ray bekam die Meldung von dem Überfall als er gerade bei der Straßensperre angekommen war.
„Bin vor Ort. 4.5 out!“
Er rannte zu einem Pulk von Polizisten hin und ließ seine ID kurz aufschnappen.

„Doyle, CI5, wie ist der Status?“

Zum Glück versuchte keiner der Polizisten zu bunkern. Sachlich und ohne auf Ray‘s Namen einzugehen, antwortete ihm ein älterer, grauhaariger Mann.

„Vor einer Viertelstunde sind vier schwer bewaffnete Gangster in den Schönheitssalon von Ms.Doyle eingedrungen. Sie waren auf der Flucht, nach einem mißglückten Banküberfall in der Fleet Street. Soweit wir ermittelt haben, sind außer den Gangstern noch 11 bis 13 Leute in dem Laden. Die Chefin, 4 Angestellte, 5-7 Kunden, da gehen die Informationen auseinander, und dann ihr Kollege…“

Er räusperte sich. „Ein Mr.Bodie, hat man uns gesagt.“

„Ja. Er ist mein Partner – und die Inhaberin ist meine Mutter…“

„Bingo.“ Ließ sich einer der Constables vernehmen.

Aber der Sergeant nickte nur. „Wir haben keinen Kontakt aufbauen können, und vor 5 Minuten sind 3 Schüsse gefallen.“

„Was?“ Ray wandte ihm wieder seine volle Aufmerksamkeit zu, nachdem er in Gedanken schon nach einem Weg in das Gebäude gesucht hatte. „Ist jemand verletzt worden?“

„Das wissen wir nicht, Sir.“

Ray versuchte seine Angst zu unterdrücken, aber immer wieder hatte er diesen dummen Streit vor Augen. Was, wenn er Bodie nicht mehr lebend wiedersehen würde, wenn er ihm niemals würde erklären können… Er riss sich zusammen. „OK… Ich kenne das Gebäude. Es gibt einen Zugang über das Nachbargeschäft, der Zugang ist in dieser Seitenstraße dort.“ Er zeigte auf eine mit alten Kartons zugemüllte Stahltür.

Der Sergeant nickte dem vorlauten Constable zu. „Jenkins, besorgen Sie den Schlüssel!“

***


Bodie hatte Ray durch die Ritzen der Rollladen sofort erkannt, als er zu den Polizisten gerannt war.
Er hatte diese ganz besondere Art zu laufen, sehr kraftvoll und schnell…
Bitter dachte er, daß Ray sich jetzt wahrscheinlich große Sorgen um seine Mutter machen würde.

Ms.Doyle riß ihn aus seinen Gedanken. „Da ist Ray.“

Bodie nickte nur. Alle Geiseln waren an den Händen gefesselt worden, und er saß jetzt direkt neben Ray’s Mutter, an die Ladentheke gelehnt.

Der nervöseste unter den Gangstern hatte ihnen anfangs verboten zu sprechen, aber zu aller Überraschung hatte eine der Gestalten sich die Skimaske vom Kopf gerissen und zum Vorschein kam eine verhärmt aussehende, junge Frau mit kurzen, schwarzen Haaren. „Ach laß den Quatsch, Q.! Wir sind alle etwas entspannter, wenn wir uns so normal wie möglich verhalten können.“ Mit diesen Worten feuerte sie eine kurze Salve in die Richtung des Bankers, der sich langsam auf den Hintereingang zubewegt hatte. „Wir werden auch so dafür sorgen, daß uns jeder respektiert, oder Du kleine Ratte?“ Sie war zu dem Banker hingegangen und hatte ihm mit dem Gewehrkolben brutal ins Gesicht geschlagen. Danach hatte sie es verboten, daß jemand ihm erste Hilfen leistet.

Aber wenigstens durften sie sich unterhalten.

Als Bodie ihr nicht antwortete, fing Ms.Doyle einfach an zu erzählen.

„Ich kann verstehen, daß Ray mir nichts wirklich Wichtiges aus seinem Leben erzählt hat, gerade mal daß er für den CI5 und Mr.Cowley arbeitet und dass es da eine Betty gibt. …es gibt immer eine Betty.“

Diesen Satz fand Bodie komisch. „Was meinen Sie damit“

„Nun… ich habe vor etwa einem Jahr Kontakt mit Ray aufgenommen. Wir haben uns ein oder zweimal im Monat getroffen, und jedes Mal hat er von einem anderen Mädchen erzählt. Einer Monica, einer Su, einer Betty, einer Helen… Und ich habe gespürt daß sie ihm alle nicht wichtig waren.“

Sie wurde leiser.
„Er hat mich nie wirklich nah an sich rangelassen… Aber ich habe es ja auch nicht verdient…“

Bodie hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Ray würde Tod und Teufel in Bewegung setzen um hier rein zu kommen, um seine Mutter…- und Bodie war fair genug das nicht abzustreiten - um auch ihn zu retten.

Erst im Nachhinein hallten die Worte von Ray’s Mutter in seinem Kopf nach…
*nie wirklich an sich rangelassen… nicht verdient…*

Aber solche Gedanken brachten sie jetzt hier nicht lebend raus. Er mußte zumindest bereit sein, wenn Doyle kam.

Die schnoddrige, kleine Gangsterin unterbrach seinen Gedankengang.
„Macht hier mal jemand Kaffee!“

Der große, bullige Typ wollte schon Patty am Ellenbogen hochreißen, aber die Gangsterin zielte mit ihrer MP wie beiläufig auf Bodie’s untere Regionen.
„Aber wir sind doch hier gleichberechtigt, oder? Mr.Schnuckiepussie hier wird uns sicher einen ganz delikaten Kaffee brauen!“
Constance konnte sich ein kurzes Hicksen nicht verkneifen. Ray’s Partner würde unter keinen Umständen mit dem High-Tech Kaffe-Automaten zurechtkommen.
Sie hob die Hand wie in der Schule. „Entschuldigung, ich würde Ernesto lieber nicht an unsere neue Kaffemaschine lassen. Er ist zwar ein begnadeter Friseur, aber er hat zwei linke Hände was alles andere betrifft…“
Bodie war schon aufgestanden, und würde gerade am liebsten Ray’s Mutter mit bloßen Händen erwürgen. Das wäre seine Chance gewesen, wenigstens in die Nähe seiner Waffe zu gelangen.

Constance hatte Bodie vorhin schon als ihren Angestellten vorgestellt, und alle anderen Geiseln waren noch zu geschockt gewesen, um sich über den frisch gebackenen neuen Mitarbeiter zu wundern. Jetzt aber machte der Banker eine abfällige Bemerkung. „Pphhh, ‚ Ernesto ‘… schöner Ernesto …“

Miss Gangster ging drohend auf ihn zu. „Was meinst Du damit, Du Ratte?“

Constance beeilte sich verbal dazwischen zu gehen. „Ach, er kann sich bloß nicht damit anfreunden, daß Ernesto ganz offen schwul ist, während er….“ Sie machte bewußt eine vielsagende Pause.

Der Banker kroch wenn möglich noch mehr in sich zusammen, trotzdem konnte er es nicht lassen sich bei den Gangstern anzubiedern.
„Mit dem ist irgendwas nicht in Ordnung. Er kam vorhin hier rein gestürmt wie ein Wilder – niemals im Leben ist er ein Angestellter…“

„So…“ Ein dürrer, langer Gangster, der sich wie die Frau auch die Maske abgenommen hatte, zögerte nicht lange, und untersuchte Bodie sorgfältig von Kopf bis Fuß.

Wieder war es Ms.Doyle, die die Situation rettete. „Ich hatte ihn eigentlich rausgeschmissen, weil er ein Verhältnis mit meinem Sohn angefangen hat – was würden sie denn als Mutter davon halten? Besonders wenn ihr Sohn vorher nie derartige Neigungen gezeigt hat?“

Bodie verdrehte die Augen. *Wenn Du wüßtest, liebe Mutti…* Er fand es jedenfalls an der Zeit, ein wenig auf seine Rolle einzugehen.
Er griente den dürren Gangster anzüglich an. „Hmmmm…. Ich mag es wenn ‚Mann‘ ruppig zu mir ist… Willst Du nicht die anderen rausschicken, und…“
Der Gangster stieß ihn angewidert weg. „Laß bloß Deine schwulen Finger von mir weg.“
Er packte Bodie am Kragen und drückte ihm eine Pistole an die Stirn. „Ich würde der Welt einen Gefallen tun, wenn…“

„JJ!“

Gangster Nummer vier, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, rief seinen Mann zur Ordnung. „Laß unseren lieben Ernesto ruhig für Getränke sorgen, aber Du gehst mit ihm!“

Der dürre Mann war gut. Er ließ Bodie die ganze Arbeit machen, und half ihm auch nicht die kalten und heißen Getränke zu verteilen. Niemals ließ er Bodie alleine, um an die Waffe zu gelangen, und niemals ließ er Bodie nah genug in seine Nähe kommen. Bodie hatte keine Chance irgendetwas zu unternehmen.
Er setzte sich wieder neben Constance und machte sich auf eine lange Wartezeit gefasst.

Immerhin hatte er das Getränkeverteilen dazu genutzt, die anderen Geiseln auf seine Seite zu ziehen, nur bei dem aufmüpfigen Banker war eine subtile aber wirksame, kleine Drohung nötig gewesen…

***


Patty war am Ende ihrer Geduld angekommen. Seit mehr als zwei Stunden saßen sie jetzt hier schon regungslos auf dem unbequemen Boden des Schönheitssalons, und sie fing an unruhig zu werden. Die Geiselnehmer hatten jetzt endlich Kontakt aufgenommen und hatten Fluchtfahrzeuge und Geld verlangt, aber wenn es nach dem Ultimatum ginge, würde sich die ganze Angelegenheit noch mindestens drei Stunden hinziehen. Sie stellte die Entscheidung ihrer Chefin nicht in Frage, aber trotzdem beschloß sie, ihren frisch neu ernannten ‚Kollegen’ ein wenig aus der Reserve zu locken – vielleicht ergab sich ja sogar ein nettes kleines Date, wenn das alles hier erst vorüber war?

„Dann konntest Du also nicht auf mich hören, Ernesto Darling. Mit dem Sohn der Chefin was anfangen, tse, tse, tse… Wie ist Ray denn so? Sexy genug ist er ja…“

Bodie’s Kopf fuhr herum. Dann war Ray hier sogar bekannt! Na klasse, bloß er wusste mal wieder von nichts. Aber sie sollten ihre Show bekommen! Gut daß er sich den Namen der Empfangsdame gemerkt hatte.

„Patty, mein Schatz, Du weiß doch daß ich so einem süßen kleinen Arsch nicht widerstehen kann.“
Er zwinkerte ihr zu. „Wenn Du es genau wissen willst… nun ich sage nur, Ray geht ab wie eine Rakete! Dabei ist er gleichzeitig romantisch und männlich zugleich. Er ist aufmerksam und kann aber auch ein verdammter, nervtötender Egoist sein…“
Er lächelte jetzt versonnen. „Ich glaube, ich bin zum ersten Mal in meinem Leben richtig verliebt!“

Patty sah ihn sprachlos an, und ganz gegen ihre Natur machte sie auch keinen flapsigen Kommentar.

Bodie setzte noch einen drauf und wandte sich jetzt an Ray’s Mutter.

„Und ich war eigentlich hier, um von Ms.Doyle sozusagen ihren Segen zu bekommen – und meinen Job zurück natürlich…“ Er lächelte ihr schamlos ins Gesicht.

Constance war beeindruckt von der Vorstellung, die Ray’s Kollege da abgab. Fast konnte man ihm glauben…
Ihre Augen weiteten sich und sie hielt Bodie’s Blick mit ihrem fest. Es war fast wie eine sprachlose Kommunikation, endlos wie es ihr schien. Dann nickte Bodie - und, ein wenig weil seine Rolle es verlangte, aber eigentlich weil es ihm gefiel daß die Wahrheit jetzt raus war, warf er noch einen betörenden Kussmund hinterher.

Constance war geschockt.

Bodie sah es, aber es war ihm egal. Es war einfach schön, offen und ehrlich über Ray zu sprechen. Er war dieses Versteckspielen gründlich leid. Und er war sich jetzt auch sicher, daß Ray ihm seine Mutter nicht verschwiegen hatte, weil er sich seiner schämte. Der ganze blöde Streit war bloß auf diesen ewigen Streß zurückzuführen, den das Vertuschen einer homosexuellen Partnerschaft zwangsläufig mit sich brachte. Besonders in ihrem Beruf. Aber damit sollte jetzt Schluß sein, das schwor er sich – und dazu wollte er diese leidige Geiselnahme hier jetzt so schnell wie möglich zu einem guten Ende bringen.
Er hatte gründlich die Faxen dicke!

Die vier Gangster hatten von der ganzen Szene nichts mitbekommen, weil sie offensichtlich selber dabei waren, das weitere Vorgehen der Angelegenheit intensiv zu besprechen. Bodie griente, Besprechen war nicht ganz das richtige Wort… Sie stritten sich wie die Kesselflicker.
Das war seine Chance!

Er stand auf.

Er war sich sicher, daß Ray nur auf ein Zeichen von ihm wartete.

Er ging gelassen auf die Gruppe zu, die Hände leicht gehoben.

Als ihn einer der Männer anschrie, er solle sich wieder hinsetzen, ging Bodie einfach langsam weiter.

Später wußte keiner der Gangster genau, was passiert war. Geschmeidig wie eine Katze war Bodie in wenigen Schritten bei dem Mann, den er für den Anführer hielt. Er hatte ihn schon entwaffnet und die MP an den Hals gehalten, ehe auch nur einer seiner Kollegen reagieren konnte.

Im selben Moment war auch Ray da, und mit ihm seine Kavallerie.

„Hände hoch, Sie sind alle festgenommen.“ Quakte die dünne Stimme von Constable Jenkins.

Die übrigen an der Erstürmung beteiligten CI5 Agenten grienten nur.

***


Endlich war Ruhe eingetreten, und zurück blieben nur Ms.Doyle, und Bodie und Doyle.

Die Gangster waren abgeführt worden. Die Zeugen waren betreut und dabei diskret verhört worden.
Und während dieser ganzen hektischen Zeit, hatte Constance auf einem Stuhl neben der Ladentheke gesessen, und ihren Sohn und diesen Mr.Bodie nicht aus den Augen gelassen.

Zu ihrer Überraschung gefiel ihr was sie sah. Ihr war der Augenkontakt zwischen den beiden, direkt nach dem erfolgreichen Stürmen des Salons, genauso wenig entgangen, wie das kurze Berühren der Hände, als sie sich unbeobachtet fühlten. Auch wenn sie sich getrennt, in weit auseinanderliegenden Ecken des großen Raumes befanden, versicherten sie sich immer wieder des anderen mit einem kurzen Blick und einem leichten Lächeln. Sie waren souverän und offensichtlich gut in ihrem Job. Alle schienen sie zu respektieren.
Constance war entzückt.

Einmal bemerkte sie, daß sie von einem älteren Mann beobachtet wurde. Leicht humpelnd war er an sie herangetreten, und statt einer Begrüßung sagte er nur „Sie sind mein bestes Team.“

Constance hob ihre Augenbrauen. „Obwohl sie so offensichtlich…“

Cowley verzog leicht das Gesicht. „Bis jetzt waren sie nicht so offensichtlich! Ich werde wohl ein ernstes Wort mit ihnen reden müssen.“

Constanze war jeder Inch die Mutter ihres Sohnes. „Vielleicht könnten sie ja auch einfach dafür sorgen, daß sie so akzeptiert werden, wie sie sind? Was Ray mir von seinem Mr.Cowley erzählt hat, sollte das für ihn kein Problem sein! – und sie sind doch Mr.Cowley, oder?“

„Aye...“ Cowley war leicht überrascht.
„Ja, ich bin Mr.Cowley. Angenehm Ms.Doyle, ich sehe daß Sie ihrem Sohn in nichts nachstehen.“

Aber auch Mr.Cowley war nicht lange bei ihr, und so hatte sie die ganze Zeit da gesessen und ihren Sohn betrachtet. Sie konnte sich nicht satt sehen. *Wie hatte sie ihn nur als Baby weggeben können?*

Jetzt kam Ray zu ihr hin und setzte sich auf einen Stuhl neben ihr. Bodie lehnte mit verschränkten Armen an der Eingangstür.

„Wie geht es Dir, Constance?“

Sie konnte ein Seufzen gerade noch unterdrücken. Ray konnte es nicht über sich bringen, sie Mutter zu nennen. Aber sie legte ihm ihre Hände auf den rechten Arm. „Mir geht es gut, mach Dir keine Sorgen.“ Sie sah zu Bodie rüber.
„Dein Freund hat uns vielleicht allen das Leben gerettet.“

Ray lächelte. „Na, er sagt, Du warst auch nicht schlecht!“ Dann wurde er ernst.

„Mutter…, Du hast es ja jetzt schon erfahren, aber Bodie und ich sind seit 2 Monaten zusammen. Ich weiß auch nicht, warum ich es Dir nicht erzählt habe…“

„Ganz einfach weil Du mich nicht an dem teilhaben lassen willst, was Dir wirklich wichtig ist. Weißt Du, dass Du mich gerade zum ersten Mal ‚Mutter’ genannt hast?“ Sie legte ihm eine Hand auf den Mund, als er sie unterbrechen wollte. „Ich verstehe Dich ja. Es muss für ein Kind furchtbar sein zu glauben, daß die eigene Mutter einen nicht hatte haben wollen.“

Sie setzte sich gerade hin. „Aber reden wir nicht über die Vergangenheit. Ich bin froh, daß Du mich jetzt wenigstens ein wenig an Deinem Leben teilnehmen lässt!“ Sie sah zu Bodie rüber. „Wann stellst Du mir denn Deinen Freund richtig vor?“

***


„Deine Mutter ist in Ordnung, Ray.“

Es war der Morgen danach. Sie hatten auf dem Weg in Bodie’s Wohnung nicht viel gesprochen, auch später nicht. Der Streit war kein Thema mehr. Und das was Bodie Ray sonst zu sagen hatte, konnte bis morgen warten. Sie hatten sich geliebt und waren dann erschöpft eingeschlafen.

Ray war sofort wach. „Ja, vielleicht kann ich sowas wie eine Beziehung zu ihr aufbauen.“ Er legte seinen Arm über Bodie’s Brust. „Aber ich hatte nur Angst um Dich. Angst, daß ich Dir nie mehr würde sagen können, wie viel Du mir bedeutest.“

Bodie setzte sich auf und schwang die Beine über den Bettrand. Mit dem Rücken zu Ray sagte er, was er auf dem Herzen hatte. Bedingungslos.

„Ray, ich will daß wir gemeinsam in eine Wohnung ziehen. Daß wir wenigstens den Leuten die uns wichtig sind, die Wahrheit über uns sagen. Ich will Dir in der Öffentlichkeit zeigen, daß ich Dich liebe. Ich will Dich meiner Familie vorstellen, ich will auf CI5 Festen keine Mädchen mehr abschleppen müssen, bloß um den Schein zu wahren, ich will mit Dir tanzen, - ich will mit Dir alt werden…“

Mit einem Lächeln streichelte Ray leicht Bodie’s Hüfte und zog sich wohlig die Decke bis zum Kinn. Wenn er eine Katze wäre, würde er schnurren. „Komm ins Bett, Du verdammter Softie. Wir haben noch zwei Stunden Zeit, bis wir vor Cowley stehen müssen.“

„Fuck, Cowley…“

„…ja, Du mich auch.“


- Ende